13. Juli 2015

Die Antwort lautet: JA! Reisebericht Teil 2 bis 4

Teil 2

Der Hinweg

 

Verschlafene deutsche Dörfer, gut ausgebaute Autobahn mit keinen schlechten Toiletten, viele LKW mit polnischen Kennzeichen und Regen, Regen, Regen. Für den Zwischenhunger gibt’s frische Kirchen aus Frauenstein bei Wiesbaden. Zum wach werden: kurze Pausen mit frischer Luft und eine Runde Laufen um das Auto. Ja, und natürlich ein Cappuccino bei Mac Cafe 🙂

Wann weiß ich, dass ich bald den deutschen Boden verlasse… Da sind die großen Windräder an der deutsch-polnischen Grenze. Ich lasse mich immer noch davon begeistern. Und der Tunnel, der das Licht in ein anderes Land leuchtet. Polen. Das Schild mit der Begrenzung der Geschwindigkeit fällt sofort ins Auge. Weg vom Gas. Die gut gebaute Autobahn begleitet mich auch hier. Der einzige Unterschied – für die Benutzung der

Autobahn musst Du hier bezahlen. Ab Breslau geht es los mit dem Zahlen. Große Werbetafeln schmücken die Straßen links und rechts. Eine gewisse Ruhe herrscht hier. Liegt es etwa an der Begrenzung der Geschwindigkeit?

Nach ein paar Stunden angenehmer Fahrt, fängt das Auto an zu ruckeln. Keine Autobahn mehr, sondern eine einfache mit einigen Unebenen versehene Straße. Und ein Schild – bis zur polnisch-ukrainischen Grenze nur noch 70 km.Bevor es über die Grenze geht, mache ich ein Zwischenstopp in einem sehr freundlichen Hotel „Zajazd Polonez“. Das drei Sterne Hotel liegt direkt an der Straße, aber das heißt nicht, dass es laut ist. Nein, es ist sehr gemütlich, ruhig und wie gesagt freundlich. Egal zu welcher Stunde Du in das Hotel eintrudelst, bist Du herzlich willkommen, Du bekommst ein gutes Essen und einen Platz zum Schlafen. Bei mir gab’s diesmal einen frischen Salat mit hausgemachter Vinaigrette. Köstlich. Dazu ein trockener fruchtiger Weißwein.

Am nächsten Tag früh morgens ein Cappuccino und ab zur Grenze. Die Autobahn, die direkt zu der Grenze führt, ist einfach grandios: breit, weit, mit großen dunkelroten Brücken, ein paar Windräder schmücken den Weg. Was für EINE Autobahn! Und KEIN einziges Auto. Du bist ganz alleine.

Es grüßt die Grenze. Es ist 8:00 Uhr morgens. Ruhig. Ich nehme den Weg für EU-Bürger. Eine freundliche polnische Zöllnerin grüßt mich „Pani Mariana“, das heißt so viel wie „Frau Mariana“. In wenigen Minuten geht es weiter. Ein ukrainischer Zöllner notiert das Autokennzeichen und bittet mich weiter zu fahren. Er ist schwerbewaffnet. Jetzt werde ich daran erinnert, ich reise in ein Land, wo ein militärischer Konflikt herrscht. Ich habe ein seltsames Gefühl. Das Schild „Ukraine heißt Dich willkommen“ – beruhigt mich ein wenig. Die Zöllner und Grenzer sind freundlich, hilfsbereit. Sie lachen und begrüßen mich herzlich. Nur noch ein paar Meter und ich werde in meinem Zielland sein. Es scheint die Sonne, die Luft ist rein und frisch. Es ist Freitag. Das Wochenende steht vor der Tür.

 

Teil 3

 Ich bin da – erste Erlebnisse

 

Ich bin wieder da. Ein sehr tiefgreifendes Gefühl… Aufregend….

Nach ein paar Kilometer nach dem Grenzübergang mache ich einen Stop in der Natur. Ich pflücke frische Walderdbeeren. Sie duften und schmecken zuckersüß.

Ich atme tief ein und ich weiß, ich bin wieder DA. Die Straße, die zu meinem Geburtsort führt, ist FÜRCHTERLICH. Es gibt keine echte Straße. Große und tiefe Löcher muss das Auto verkraften. Zwei Pferdekutschen kommen mir entgegen. Zwei junge Männer führen die Kutsche und halten ihre Handys an ihre Ohren… Alt und modern treffen aufeinander. Welch ein Kontrast… Noch elf Kilometer und ich bin in meiner Heimatstadt: Radechiv. Etwa zehntausend Einwohner hat diese Stadt, zwei Kindergärten, drei Schulen, zwei Kirchen, ein Krankenhaus, einige Lebensmittelgeschäfte, eine Milchfabrik, eine Holzfabrik, eine Möbelmanufaktur und viele schlechten Straßen…

 Meine Eltern sitzen im Hof und erwarten ihre Tochter.

 

Teil 4

Karpaten

 

Ein herrlicher Tag und der Weg ruft. Nach zwei wundervollen Tagen bei meinen Eltern erwartet mich ein weiteres Abenteuer in der Ukraine. Heute geht’s in die Karpaten. Ein Kaffeebecher, ein Radio-Sender „Lvivska Hwylja“ („Lemberger Welle“) sind meine treuen Begleiter auf meiner Reise. Die Europastraße E471 führt nach Transkarpatien. Die Qualität der Straße ist wechselhaft und an manchen Stellen muss ich mit „kleinen“ Überraschungen rechnen. Aber mittlerweile habe ich mich an die ukrainischen Straßen gewöhnt. Wenn ich vorsichtig, konzentriert und nicht so schnell (90-100 km/h) und am besten tagsüber fahre, dann komme ich sicher an meinem Ziel an. Kurz etwas über Transkarpatien: Es ist die westliche Region der Ukraine. Diese Gegend präsentiert sich als ein buntes Gemisch der Sprachen, Kulturen und Ethnien. Zahlreiche Buchenurwälder, Mineralwasserquellen, Hängebrücken und die reine, schon etwas süße Bergluft machen das Gebiet zur Erholungsoase 🙂

Viele Städte, Städtchen, Dörfer liegen auf meinem Weg. Ivano-Frankiwsk, Kosiv, Nadvirna, Jaremtsche, Rachiv, Berehove, Vynohradiv, Mukatscheve und noch viele mehr. Jeder Ort erzählt seine eigene Geschichte, bietet seine eigene köstliche Küche an, spricht seinen eigenen Dialekt. Was aber diese alle Orte verbindet – sie sind ein Teil der Ukraine, sie bilden dieses großes Land in Mitten Europas. An manchen Orten wie z.B. Berehove gibt’s eigene Weinherstellung. Das kleine Städtchen mit ca. 26.000 Einwohnern liegt in einer sonnigen, mit Weinstöcken und Pfirsichbäumen bepflanzten Gegend. Ohne Wein und Weinproben ist ein Besuch von Berehove nicht zu denken. Ich komme am späteren Abend in diesem Ort an. Eine Weinprobe ist leider nicht mehr möglich, aber dafür ein Glas Wein in einem Restaurant im Stadtzentrum. Die Sprache, die am Nachbartisch gesprochen wird, ist mir unbekannt. Vom freundlichen Kellnern erfahre ich – das ist Ungarisch. In Berehove wohnen die meisten Ungarn. Hier wird nicht nur Ungarisch gesprochen, sondern auch unterrichtet, ausgeschildert und Theater gespielt.

Ich atme tief ein und aus. Ich kann nicht genug von der Bergluft haben und das wirkt sich auch positiv auf meinen Appetit aus. Ich schaue um mich herum. Ich staune. Ich träume. Ich fühle mich wohl. Es geht mir gut. Ich weiß – ich komme wieder!

Morgen setze ich meinen Erfahrungbericht fort.

Mariana Haramus

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